Lego im Büro: Zwei Anwendungsbeispiele

Viele Unternehmen experimentieren heutzutage mit neuen Arbeitsumgebungen und – im Zuge der Design-Thinking-Bewegung – mit neuen haptischen und “begreifbaren” Tools. So genannte “Lego Labs” sind eine Ausprägungsform dieses Trends. Diese mit Bausteinsets wie “Lego Serious Play” bestückten Räume sollen dazu dienen, die Kreativität der Mitarbeitenden anzuregen und ermöglichen, Ideen als simple haptische Prototypen zu visualisieren. Die Anwendungsgebiete von Legos im professionellen Kontext sind allerdings noch weit vielfältiger. Zwei konkrete Ideen, auf die wir im Rahmen der eigenen Arbeit und Forschung gestossen sind, möchten wir Ihnen heute vorstellen.

Ressourcen-Planung mit Lego

Von der Digitalagentur Format D kommt die Idee des Lego Wandplaners, ein analoges Ressourcenplanungstool. Das Werkzeug entstand aus dem Bedürfnis heraus “als Digitalagentur mit ca. 20 Mitarbeitern, in Sachen langfristiger Planung […], richtig agil und schnell einen Überblick über Zeit und Ressourcen zu bekommen, und zwar für alle im Team. Immer sichtbar”. Auf der mit schwarzen Lego-Platten hinterlegten Wand können Mitarbeiter mit bunten Legosteinen kennzeichnen, an welchen Projekten sie wann arbeiten werden. Jede Farbe steht dabei für ein Projekt (eine Legende am unteren Rand der Tafel regelt die Zuordnung von Farben und Projekten). Zusätzlich gibt es Spezialbausteine für besondere Events: Eine Fahne steht für Projekt-Kickoff, ein Pokal für Going Live, und als Anzeiger für die aktuelle Woche dient ein kleiner roter Baustein. Durch dieses analoge und visuelle System gelingt es der Firma, stets einen Überblick über die aktuell verfügbaren Ressourcen zu behalten. Die Nachahmung wird empfohlen. Eine Anleitung findet sich unter: www.format-d.com/wandplaner.

Scrum lernen mit Lego

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit von Lego Serious Play, die wir selbst im Rahmen eines Bachelorkurses getestet haben, besteht in der Vermittlung bestimmter Fähigkeiten – in unserem Fall des Erlernens des agilen Softwareentwicklungs-Frameworks “Scrum”. Entdeckt haben wir die Idee in einem Artikel der Aalto University in Finnland. Die Aufgabe der Studierenden in unserem Kurs war es, mit Legos eine Forschungsstation in der Arktis zu bauen und dabei das Scrum Framework anzuwenden. Die 7- bis 8-köpfigen Teams mussten jeweils einen Product Owner und einen Scrum Master bestimmen und bekamen dann einen vorgefertigten Product Backlog mit je 15 User Stories (z.B. “wir brauchen eine warme Unterkunft für 15 Personen” oder “wir wollen die Möglichkeit haben, die Umgebung um die Forschungsstation zu erkunden”), die es zu verwirklichen galt. In einem Planungstreffen mussten die Teams die User Stories priorisieren und einen Sprint Backlog für den ersten Sprint erstellen. Anders als in “echten” Scrum-Projekten, in denen ein Sprint üblicherweise zwischen zwei und vier Wochen dauert, war ein Sprint in unserer Simulation genau 5 Minuten lang. Der Scrum Master war für die Einhaltung der Zeit zuständig. Nach jedem Sprint gab es beim Sprint Review vom Kunden (dem Workshopleiter) Feedback auf das gebaute “Produktinkrement” in Form eines traurigen, neutralen, oder fröhlichen Smileys. Anschliessend musste das Team ein Sprint Retrospective Meeting abhalten, bei dem Verbesserungsmöglichkeiten für den Prozess besprochen wurden.

Das Ergebnis war aus unserer Sicht sehr interessant und erfreulich: fast alle Teams machten anfangs die “erhofften” und für den Lernerfolg sehr wichtigen Fehler. So schaffte es kein Team im ersten Sprint den kompletten Sprint Backlog abzuarbeiten – alle hatten sich “overcommittet”. Die meisten versuchten statt einem fertigen Feature (im Idealfall ein gut isoliertes Haus), mehrere halbfertige Features abzugeben. Genau dies widerspricht jedoch der Scrum-Philosophie, in der es darum geht möglichst früh im Prozess einen ersten nutzbaren Mehrwert für den Kunden zu generieren. Durch das Feedback des Kunden machten die Teams jedoch schnell Fortschritte und verbesserten ihren Prozess. Der Lerneffekt war klar erkennbar, da mit jedem Sprint deutlicher wurde, wie die Teams sich auf den Kunden einstellten und ihren Bauprozess immer wieder neu hinterfragten.

Was hat all dies mit agiler Softwareentwicklung zu tun? Das Workshop-Konzept macht sich einige Parallelen zwischen dem Bauen mit Legos und der Softwareentwicklung zunutze: sowohl das Erschaffen einer Arktisstation aus Lego als auch das Bauen eines Computerprogramms kann im Team geschehen und folgt einer modularen Struktur (so dass Koordination zwischen den Teammitgliedern erforderlich ist: wer baut was in welcher Zeit und wie passt alles zusammen). Bei beidem ist anfangs oft nicht erkenntlich, was genau der Kunde eigentlich möchte und was die genauen Anforderungen sind. Auch wenn es natürlich auch einige unrealistische Annahmen in dem Workshopkonzept gibt (z.B. den viel kürzeren Zeithorizont beim Bauen mit Lego), ist das Bauen mit Lego aus unserer Sicht also bestens geeignet, um den Scrum-Prozess einzustudieren (insbesondere wenn die Lernenden keine Coding-Erfahrung haben). Bei Interesse an dem Workshopkonzept oder einer Durchführung in Ihrem Unternehmen melden Sie sich gerne bei maximilian.schacker@unisg.ch.


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Tags: Future of Work



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