Kolumne: Fake Nudges für die Lernmotivation – oder doch nicht?

Das mit dem Spanisch-Sprachkurs an der Uni hat nicht geklappt. Jetzt bin ich extra in eine Universitätsstadt in Spanien für einen Monat Nomadic Work gereist, um bei der Gelegenheit mein Anfänger-Spanisch immersiv zu verbessern, und diese wichtige Säule fällt aus. Was nun also?
Wie im Blog-Beitrag „Fremdsprachen lernen für Fortgeschrittene mit LingQ oder Duolingobeschrieben, gibt es natürlich jede Menge Online-Lern-Apps, mit denen man sein Sprachniveau verbessern und sich so mehr Mut zum Sprechen machen kann. Ich habe mich mit LingQ angefreundet und bin fleissige, ja sogar fast süchtige Nutzerin.

Bei diesem Online-Lernen habe ich erstmals so richtig erlebt, was man „Gamified Apps“ nennt – schliesslich nutze ich keine Fitness-Apps und halte ich mich von Online-Games völlig fern. Jetzt also ist mein Bildschirm voll mit quantitativen Rückmeldungen, was alles schon erreicht ist, und ich bekomme visuelles und textuelles Lob- und Ermunterungsfeedback. Und dann diese Spielerei mit dem Avatar. Ich gebe zu, die Sache dass mein humanoider Avatar mit dem persönlichen Leistungsstand wie ein Kind wächst und individuell – durch den Einsatz meiner verdienten Lern-Coins – eingekleidet werden kann, fand ich erst einmal ziemlich motivierend. Nur verbrauchte sich dieser Effekt schnell.

Ich will ja kein Spielverderber sein und auch nicht zu arrogant tun. All das hat ja schon etwas für sich, selbst wenn man meint, das wäre weitgehend überflüssiger Zierrat. Da gibt es nämlich eine Rückmeldung, die ich zur Lernmotivation richtig gut finde. Sie ist allerdings eher versteckt in dem Wochenbericht, in dem die gehörten Stunden, die gelesenen und die geschriebenen Worte zusammengestellt sind. Wie im Kleingedruckten steht unter diesen Metrics der Hinweis: „Your translations have been used 90 times by other members, including 25 this week. Congratulations!”. Um das zu verstehen, zunächst eine Erklärung: In den fremdsprachlichen Lerntexten, die verschiedene Leute zur Plattform beisteuern, markiert man Vokabeln oder Ausdrücke, die man sich einprägen möchte und welche die Lern-App dann in verschiedenen Formen zur Wiederholung anbietet. Die Übersetzung in Deutsch wird von Google Translate erzeugt, falls keine andere da ist. Und diese automatischen Übersetzungen hören sich sehr oft so gar nicht nach richtigem Deutsch an – also kann man den Übersetzungsvorschlag selbst jeweils verbessern bzw. einen nach persönlichem Geschmack eingeben.

Das hatte ich auch hie und da getan, aber doch so wenig, dass ich mich frage, wie es sein kann, dass bei der Menge an Content auf der Plattform so viele andere LingQ-Lerner das schon benutzt haben können. Ob diese Rückmeldungen vielleicht „Fake Nudges“ sind, Motivationsstupser, um die Lernenden bei der Stange zu halten und fleissige Helferlein für gute Übersetzungen zu haben? Selbst wenn es so wäre, was sollte man davon halten? „Fake News“ sind natürlich ein „No go“. Aber nach dem Motto, der gute Zweck heiligt die Mittel, würde ich „Fake Nudges“ dieser Art tolerieren, solange nicht übertrieben wird. Aber vielleicht stimmt es ja auch exakt, was da steht, dass schon 90 Mal meine Übersetzung anderen besser gefallen hat und sie nun damit arbeiten. Hoch lebe die Community!


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