Das Post-Metaverse braucht Spiegel

Gerade war das Metaverse noch das Hype-Thema. Nun wurde es von ChatGPT vom Thron des aktuellen Aufmerksamkeitshöchststands gestürzt. Der 2-te Platz ist aber immer noch eine veritable Hype-Position. Gefühlt haben jedenfalls schon alle dazu geschrieben. Damit ich nicht als Nachzüglerin daherkomme, schreibe ich progressiv über das Post-Metaverse Zeitalter.

Zum Metaverse – für mich meint der Begriff nicht Augmented Reality, sondern die voll immersive Ausprägung von VR – habe ich eine verhaltene Einschätzung. Ich spüre, dass ich mich nicht recht darauf einlassen will, ja nicht einmal meine Lehrinhalte diesbezüglich aktualisieren möchte. Ich teile die Einschätzung des Team XR von INSEAD, dass es noch ein paar Jährchen dauern dürfte, bis das Metaverse in unserem Alltag selbstverständlich sein wird; die Hardware-Experten rechnen sogar mit einem Zeithorizont von 10-15 Jahren (siehe: «So, when will we get there?» Nr. 3 im Teil 1 der Erkenntnisse, die von der Autorengruppe zu ihren 27 Interviews geteilt werden: https://inseadssup.com/team-xr/).

Ich glaube, wir werden gleich zum Post-Metaverse übergehen. Wozu denn die umständlichen, brillenartigen Devices, um in diese andere Welt einzutauchen? Man kann unser Hirn doch direkt mit dem Internet verbinden. Damit experimentieren Neuroscience-Forscher/innen und Cyborgs doch schon seit Jahrzehnten. Dann bräuchte man allerdings keinen Avatar mehr, der den eigenen Körper schauspielert. Man könnte dann in dem Körper bleiben, in dem man ohnehin drinsteckt und von da aus die Welt um sich herum betrachten. Andererseits braucht es den aber dann doch, um für die anderen sichtbar zu sein. Und ein Avatar ist schliesslich auch für das Umsatzpotential im Metaverse wichtig, denn dort wird man sich erst recht Schönheits-OPs und Luxuskleidung einiges kosten lassen. Um diese Bedürfnismaschinerie in Gang zu halten, wird es eine Menge Spiegel im Post-Metaverse brauchen, damit man sein digitales Erscheinungsbild laufend sieht und für aufbesserungsnötig hält. Das war nur der erste Gedanke, der mir zu diesem Einssein mit dem Digitalen Zwilling kam.

Im Berufsleben bin ich ja eher Technikoptimist, in der Kolumne fröne ich aber gerne dystopischen Lästereien. Was macht das noch mit uns, wenn wir digital im Metaverse herumgeistern? Als Digitalmensch kann man sich beispielsweise jederzeit mit «einem Klick» aus jeglicher Begegnungssituation verabschieden. Das ist dann wie mit diesen mysteriösen subatomaren Dingern im Teilchenbeschleuniger: Wenn man sie beobachten will, sind sie nicht fassbar, einfach nicht mehr an diesem Ort. Schwer vorstellbar, wie man sich da noch nahekommen will.

Und was macht es mit unserem physischen Körper? In dieser Metaverse-Welt kann man sich eigentlich gleich in einen schön gepolsterten Sarg legen, weil sich das spannende Leben ja im Virtuellen abspielt. Es braucht nur das Minimum für die lästig-anstrengende Körperlichkeit: Essen & Trinken, Schlafen, und warm genug. Und das Essen & Trinken lässt sich auch herunter-vereinfachen. Die nachwachsenden Generationen werden schon schleichend daran gewöhnt. Für Kleinkinder, insbesondere für unterwegs, gibt es diese Suckelbeutel mit Essen, wohl besser Essenskonzentrat zu nennen; das hatte ich zuvor für Astronautennahrung gehalten. Im Sport hat man die Leute schon daran gewöhnt, keinen Schritt mehr ohne Trinkflasche zu machen, obwohl ein Mensch auch mit 2 x Trinken pro Tag problemlos überlebt. Diese Flaschen kommen mir vor, als ob sie schon wie das Mobiltelefon zu einem quasi fest verwachsenen Körperteil geworden sind, also einer Art Dauerinfusion.

Die Menschheit wird also gut vorbereitet sein auf das Post-Metaverse. Der Begriff für diese Daseinsform ist auch schon gefunden: «Onlife» nennt man das dann (habe ich 2022 erstmals in einer Ausgabe des Il Corriere gelesen); nicht mehr nur «Online». Trotzdem bin ich froh, dass es noch erhebliche technische und wirtschaftliche Barrieren bis dahin gibt und bis zur Entscheidung, wann man für sich den Stecker zieht.

(Anm. der Autorin: Ohne Inspiration oder Co-Autorenschaft von ChatGPT o.ä. verfasst)

Bildquelle: https://www.pexels.com/photo/woman-holding-mirror-against-her-head-in-the-middle-of-forest-987627/


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Tags: Kolumne



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