Innovationskultur ist heutzutage in Stein gemeisselt

Das Gebäude Cubic, der Innovationscampus des Technologiekonzerns Bühler, ist eröffnet. Man will beim Innovieren schneller und effizienter werden. Dabei ist ein solcher Wandel vor allem eine Frage der Innovationskultur.

Nun denkt man bei Innovationskultur gemeinhin nicht an Bauwerke, sondern an weiche Faktoren – wie Werte und Normen – oder an Aktivitäten jenseits von Geschäftsprozessen, wie Rituale. Aber viele Neubauten dieser Art machen offensichtlich, dass Innovationskultur heute «Brick & Mortar» braucht. Sie wird nicht allein über Soft Factors erzeugt, sondern wird wie eine Grundsteinlegung ganz hart «in Stein gehauen». Davon zeugen neben dem Cubic-Bau viele weitere Beispiele: Z.B. das bald im Bau befindliche «Learning Center» der Uni St. Gallen, das Raum für Innovationen in der Lernkultur bietet. Oder auch das zur ETH gehörige Gebäude NEST der EMPA in Dübendorf, welches dazu dient, Innovationsprozesse im Bau- und Energiebereich zu beschleunigen. «Brick & Mortar» also ausgerechnet im Digitalen Zeitalter, in dem vieles – man denke nur an Bücher, Zeitungen oder Einzelhandelsgeschäfte – als «Soft-Ware» seine Stofflichkeit verliert. Das ist doch bemerkenswert.

Zudem wird bei diesen Räumlichkeiten geklotzt und nicht nur gekleckert. Das sieht man an folgenden Fragen, die Wissenschaftler stellen, wenn sie die Innovationskultur in einer Organisation messen wollen. Im Fragenkatalog von Hogan/Coote (2014) zu Organizatioal Culture, Innovation, and Performance kommen folgende beiden Abfragen vor: «Es gibt Meeting-Zonen und Diskussionsräume, in welchen sich unsere Mitarbeitenden treffen können um neue Ideen und Arten, diese zu implementieren, zu diskutieren.» und «Wir haben in unserem Büro Platz geschaffen, in welchem Mitarbeitende sich treffen und informell über neue Ideen und neue Arten der Problemlösung sprechen können.»

In Anbetracht der heutigen Innovatons-«Paläste» nehmen sich diese Indikatoren etwas bünzlig aus. Das mit den Prachtbauten meine ich aber gar nicht abwertent, im Gegenteil. Denn wir leben nun ja auch in einer anderen Zeit. Innovation wurde früher doch eher in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung verortet,  als einem von vielen Unternehmensbereichen. Heutzutage ist Innovation zum Kernprozess der Unternehmensexistenz geworden und verdient damit auch entsprechende architektonische Ausmasse.

Dabei sind diese Bauwerke keine Denkmäler für die Machthaber ihrer Zeit, sondern es sind von Grund auf Funktionsbauten. Die architektonische Gestaltung ist nicht nur Kunst und Beeindruckung, sondern ist im Kleinen und Grossen als Nudge für Innovationskultur gedacht. Die bauliche Gestaltung ist auf Verhaltensbeeinflussung ausgerichtet. Stefan Schreiber, Chef von Bühler, sagt über Cubic: «Das fördert die gezielte Kollision»  (St.Galler Tagblatt vom 23. Mai, S. 9). «Der Cubic ist offen. Hier treffen sich Jung und Alt, Frauen und Männer, Lernende und Erfahrene, Mechaniker und Softwareentwickler, Leute aus der Wissenschaft wie etwa von ETH, Startups und natürlich Kunden.» Andere sprechen bei Offenheit in der Architektur über «Serendipity», das Anstubsen zufälliger nützlicher Begegnungen. Schreiber ist da viel dynamischer auch auf konstuktive Konflikte aus.

Man hört es aus diesen Formulierungen heraus: In solchen Umgebungen ist ein hohes Energieniveau spürbar. Freuen wir uns auf diese Bewegung, die noch viel mehr solcher anders konzpierten, anregenden Arbeitsumgebungen bringen wird. Freuen wir uns, dass die Digitale Transformation unseren Arbeitsplatz nicht auf die Grösse eines Notebooks und angehängte Bildschirmfronten zusammenschrumpft. Bestimmt werden wir gerne vom Home Office wieder ins Büro gehen; ob wir allerdings noch Büro denken werden? Vermutlich sagen wir ihm dann eher Innovation Campus, Digital Innovation Hub oder auch Coworking Space. Wer hat schon so einen Arbeitsplatz?


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Tags: Kolumne



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