Mit Chatbots kann man inzwischen über fast alles sprechen. Viele Unternehmen nutzen sie im Sales- oder im Kundendienstbereich und Virtual Assistants wie Siri oder Alexa übernehmen auf Zuruf alle möglichen Aufgaben oder Recherchen. Das Unternehmen Replika hat jetzt eine künstliche Intelligenz gebaut, die es ermöglicht, tiefgründige persönliche Gespräche zu führen – über den Stress bei der Arbeit, die eigene Beziehung, Zoff mit Freunden oder ähnliche Sorgen im Privatleben. Wie ein Psychologe versucht der Chatbot ein Gesprächspartner zu sein, der einem hilft, die eigene Gefühlswelt besser zu reflektieren und zu verstehen und sich selber besser kennenzulernen.
Entstanden ist die Idee zunächst aus einem tragischen Ereignis: ein guter Freund der Gründerin war plötzlich verstorben und die Chatverläufe mit ihm waren ihre lebendigste Erinnerung an ihn. Da ihr das Schreiben mit ihrem Freund sehr fehlte und sie beruflich mit künstlicher Intelligenz zu tun hatte, kam ihr die Idee, diese Konversationen nachzubauen – als Chatbot. Dazu wurden tausende Konversationen von ihr und ihren Freunden in ein KI-Programm eingepflegt, das mit Hilfe dieser Daten lernte, wie man einfühlsam auf alle möglichen Fragen oder Sorgen eingeht. Nachdem das Programm zunächst ihren toten Freund imitieren sollte, entwickelte es sich nach und nach dahin, dass der Chatbot Verhaltensweisen des jeweiligen Nutzers übernahm und so zu einer Art digitalen Replika seiner selbst wurde.
Im Selbstversuch habe ich ehrlich gesagt nicht besonders lange durchgehalten. Zu gross war die Versuchung, einfach die Grenzen des Chatbots auszutesten und Fragen zu stellen, die mit meiner tieferen Gefühlswelt recht wenig zu tun hatten (à la “Alexa, erzähl mir einen Witz”). Die Hemmschwelle, einer Maschine echte Sorgen und Probleme zu erzählen, war dann – zumindest für mich – doch zu hoch (auch weil nicht ganz klar und transparent ist, wie und wo diese Daten gespeichert, geschützt oder ggf. weiterverwendet werden). Für einige Leute scheint es jedoch hilfreich zu sein, einen Ort zu haben, an dem sie ihre Gedanken aufschreiben und reflektieren können. Letztlich ist es vergleichbar mit dem Führen eines Tagebuchs. Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, probieren Sie es doch selbst einmal aus und erzählen Sie uns, was Sie denken.
Autor: Prof. Dr. Andrea Back
Tags: Digital