Kolumne: TV Soaps Kill the Case Teaching Stars

Im Antrag für mein Forschungsprojektsemester im Herbst steht, dass ich Lehre-Fallstudien schreiben werde. Dafür bin ich kürzlich zu einem Profi-Professor der Harvard University in die Schule gegangen, ins Präsenzseminar “Teaching with Cases”. Ausserdem ging ich aus Neugierde wieder einmal zu meinem Sohn ins Fernsehzimmer, als eine seiner Lieblingssendungen lief: Die Reality TV Serie “Die Aquarium-Profis” (engl. Tanked). Er hatte mich nämlich mit seinem Wissen über Meerwasserfische und Aquariumtechnik verblüfft. Seit ich eine Episode davon gesehen habe, ist meine Vorstellung über mein Schreibprojekt “Teaching Cases” eine andere; das Harvard-Fallstudien-Format kommt mir nun etwas altbacken vor.

 

Die Episoden von “Die Aquarium Profis” zeigen den Geschäftsalltag eines real existierenden, kleinen Familienbetriebs, der in Einzelfertigung Aquarien herstellt. Es geht jeweils um die Abwicklung von ein oder zwei Kundenaufträgen. Jedesmal sind Spannung, teils Drama, und jede Menge Komödie mit dabei. So unterhaltend verpackt erlebt man, in welchen Projektschritten ein kundenindividueller Fertigungsauftrag abläuft, wie kreatives Design die Geschäftsbasis bildet und Quelle der Kundenzufriedenheit ist. Immer ist klar, dass die Kalkulation knapp ist und jeder Fehler den Gewinn vernichten kann. Und Deckungsbeitragsrisiken stecken in jedem Projektschritt, nicht nur beim Materialeinkauf und im Fertigungsprozess, sondern auch in der Auslieferungsplanung und der Endmontage vor Ort. Selbst Personalmanagementthemen kommen nicht zu kurz, denn alle Mitarbeitenden werden als Individuum mit Stärken und Schwächen porträtiert, mit denen bzw. um die herum an den Kundenaufträgen gearbeitet wird. Besonders gefallen hat mir die Folge, in welcher das Konzept des Mitarbeiter-des-Monats-Anreizsystems veräppelt wird und man sah, welche lachhaften Verhaltensweisen diese Wettbewerbskultur auslösen kann.

 

So inspiriert frage ich mich, ob nicht Reality TV-Formate wie diese den text-, tabellen, und bullet-point-orientierten Lehrefallstudien einmal den Rang ablaufen werden. Schade, dass ich nicht auch noch Filmwissenschaften studiert habe, dann könnte ich meine Unternehmensfallstudien als Reality-TV-Serie produzieren. Unsere Weiterbildung “CAS Enterprise 2.0 Professional” würde dann nicht in Räumen mit Seminarbestuhlung stattfinden. Nein, man könnte sich in einem “Enterprise Social Design Loft” auf einer Sofalandschaft räkeln und sich die Episoden von “Die Enterprise-2.0-Profis” reinziehen. Das wäre mal eine “Disruptive Teaching Innovation”. Als das Kino aufkam brachte es ein Song so auf den Punkt: “Video kills the radio star”. Nun, vielleicht passiert das auch den traditionellen Lehrefallstudien: “TV Soaps kill the Case Teaching Stars” – ich kriege das allein sicher nicht hin, aber vielleicht hilft mir ja jemand?

 

Artikelbild “Video killed the radio star” von Song River-CowGirlZen Photography, lizenziert unter CC BY 2.0


Autor:


Tags: Kolumne



Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*

*

*